Erwachsene mit ADHS haben oft Probleme damit, ihre Zeit zu managen, Aufgaben zu priorisieren und ihre Aufmerksamkeit zu steuern. Das liegt daran, dass die sogenannten Exekutivfunktionen bei ihnen anders - nun ja: funktionieren. Exekutivfunktionen umfassen kognitive Fähigkeiten wie das Arbeitsgedächtnis, das Zeitmanagement oder die Impulskontrolle.
Sie sorgen zum Beispiel dafür, dass wir Informationen kurzfristig speichern und nutzen, Aufgaben angehen, durchhalten und beenden, aber auch Emotionen und Handlungen steuern können.
Menschen mit ADHS haben oft Schwierigkeiten in diesen Bereichen. Das kann dazu führen, dass scheinbar einfache Aufgaben sie überfordern können. Und auch dazu, dass sie prokrastinieren, also Dinge aufschieben und stattdessen etwas anderes tun.
Für Betroffene ist das häufig sehr belastend. Was können sie tun, um weniger Stress und Frust zu erleben? Das erklärt die US-Psychologin Peg Dawson in einem Webinar der Fachzeitschrift «Additude».
4 Buchstaben für Motivation
Es hilft zu wissen: Menschen mit ADHS fokussieren sich stärker, wenn Aufgaben vier Schlüsselkriterien erfüllen, die ICNU. Was das heißt:
I wie interessant. Bedeutet: Aufgaben sind leichter zu bewältigen, wenn sie angenehme Elemente enthalten. Die kann man einbauen.
C wie challenging (herausfordernd): Ist die Aufgabe eine Herausforderung? Hat sie Wettkampfcharakter? Das kann die Aufmerksamkeit erhöhen.
N wie neuartig: Das kann eine neue Herangehensweise sein oder dass man etwas Neues lernt.
U wie urgent (dringend): Deadlines etwa helfen vielen, etwas Bestimmtes zu tun. Die kann man sich selbst setzen. Besser ist es aber, wenn es jemand anderes macht.
Im Alltag muss und kann man da ein wenig tricksen. Geschirr abspülen ist weder neu noch interessant - allenfalls dringlich (gleich kommt Besuch!). Aber man kann es interessanter machen, indem man etwa dabei einen Podcast hört.
Für viele ADHS-Betroffene ist es außerdem hilfreich und motivierend, sich nach dem Prinzip «Erst die Arbeit, dann das Vergnügen» zu belohnen, so Dawson: «Finden Sie etwas, das Sie wirklich gern machen wollen und das Sie erst machen, wenn die andere weniger angenehme Sache erledigt ist.»
Routinen bringen Ruhe rein
Auch das Etablieren neuer Gewohnheiten kann helfen, besser im Alltag klarzukommen. Dabei gilt:
- Beginnen Sie mit kleinen Veränderungen. Am besten etwas, das nicht länger als fünf bis zehn Minuten pro Tag dauert und das Sie quasi für immer (oder zumindest so lange es nötig ist) tun wollen und können.
- Sorgen Sie für regelmäßige Wiederholung: Studien zeigen, dass es zwischen 18 und 254 Tagen dauert, bis sich eine Gewohnheit verfestigt.
- Setzen Sie auf Konsistenz und bleiben Sie dran, um die Gewohnheit zu stärken.
Nur mit Wollen und Selbstkontrolle allein funktioniert das aber oft nicht, das gilt auch für Nicht-ADHS-Betroffene. Dafür gibt es Kalender, Alarme, Notizen, die dabei helfen, nichts zu vergessen - und Gewohnheiten zu verfestigen.
Fortschritt statt «alles oder nichts»
Dabei ganz wichtig: Fortschritt zählt. Erlauben Sie sich zwei «freie» Tage pro Woche, um Ziele realistisch zu halten. Wenn also an fünf Tagen die Betten gemacht oder das E-Mail-Postfach bearbeitet ist, reicht das.
Und verabschieden Sie sich von der «alles oder nichts»-Mentalität, rät Dawson: Wenn Sie einen schlechten Tag haben, wählen Sie kleinere Teilziele, zum Beispiel fünf Minuten Sport statt 30 Minuten - statt es ganz zu lassen.